11 KONFLIKTE ZWISCHEN AUFTRAGGEBER UND CORPORATE DESIGN AGENTUR - UND 10 1/2 LÖSUNGEN
„Firmen wollen das beste Design zum billigsten Preis, und das innerhalb von 24 Stunden.“
Designer X
„Designer wollen ein bisschen kritzeln und malen und brauchen eine Ewigkeit. Und dann glauben sie auch noch, sie können Geld wie für einen Picasso verlangen.“
Firma Y
Zugegeben, diese erfundenen Aussagen sind etwas überspitzt formuliert. Dennoch haben sie einen wahren Kern. Und wie in jeder (Geschäfts-)Beziehung, kann es auch in der Auftraggeber-Designer-Beziehung ab und an zu Meinungsverschiedenheiten kommen. In diesem Artikel lesen Sie von 11 bekannten Konflikten – und 10 ½ möglichen Lösungen dafür.
# 1 „Keine Ahnung ...“ Firma Y
Auf die Frage, wofür die Firma und die Produkte stehen und wer die Zielgruppe ist, antworten Auftraggeber mit „keine Ahnung“. So kann kein Design entwickelt werden, das perfekt auf die Auftraggeber und deren Firmen abgestimmt ist.
Lösung: Die wichtigste Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist ein gründliches Briefing. Auftraggeber müssen sich selbst darüber im Klaren sein, wer sie sind, wer ihre Kunden sind und in welche Richtung das Business gehen soll. Das sollten Designer auch ganz klar so kommunizieren, denn sonst macht eine Zusammenarbeit von Anfang an wenig Sinn.
# 2 „Seien Sie kreativ!“ Firma Y
Ein Klassiker; Auftraggeber wollen, dass Designer einfach mal drauf los gestalten und irgendwie „kreativ“ sind. Das kann auch passieren, wenn Auftraggeber nicht wissen, warum sie eigentlich etwas designt haben wollen. Die Folge sind meistens unnötig viele Arbeitsstunden und eine dadurch unnötig hohe Rechnung für die Auftraggeber. Am Ende heißt es dann „um Himmels Willen, das ist so teuer, ich wollte doch nur ein Posterdesign“ - zum Beispiel.
Lösung: Gutes Design sieht zwar toll aus, erfüllt in erster Linie aber einen Zweck. Dieser Zweck muss im Rahmen des Briefings kommuniziert werden. Ein Poster, um beim Beispiel zu bleiben, kann in vielleicht 100 verschiedenen Stilen gestaltet werden und unterschiedliche Botschaften transportieren. Auftraggeber müssen den Designern mitteilen, welche Botschaft rüberkommen soll, „einfach mal kreativ sein“ ist leider nichtssagend.
# 3 „So lange dauert das?“ Firma Y
Vor allem Firmen, die das erste Mal Grafikdesigner beauftragen, können natürlich nicht wissen, wie viel Arbeit in einem professionellen Design steckt. Designer beraten und briefen, recherchieren, setzen sich mit der Thematik auseinander, analysieren die Konkurrenz, arbeiten mit unterschiedlichen Ideen, entwickeln diverse Entwürfe und so weiter und so fort. Qualität braucht Zeit.
Lösung: Designer sollten die Auftraggeber von Anfang an aufklären, welche Schritte involviert sind um zum Endergebnis zu kommen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es meine Kunden sehr schätzen, wenn ich transparent bin und erkläre, wie ich arbeite. Dann versteht der Kunde die Preisgestaltung und die Zeit, die der gesamte Designprozess in Anspruch nimmt.
# 4 KLINGEL, KLINGEL, KLINGEL ...
Es ist ein absolutes No-Go, wenn Designer unzuverlässig sind, zu vereinbarten Terminen nicht erscheinen oder das Projekt selbstverschuldet zur vereinbarten Deadline nicht abschließen – oder überhaupt nicht erreichbar sind. Das ist unprofessionell, schadet den Auftraggebern und dem Image der Designbranche.
Lösung: Auftraggeber und Designer sollten immer wieder Kontakt haben und sich absprechen um zu sehen, wie weit das Projekt ist. Ist es schlichtweg nicht möglich Designer zu erreichen und reagieren sie auf keine Anrufe und E-Mails, so bleibt ohnehin nichts anderes übrig als die Zusammenarbeit zu beenden und evtl. geleistete Anzahlungen zurückzufordern.
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Helene Clara Gamper
# 5 „Machen Sie das blau und das rot.“ Firma Y
Auch ein Klassiker; manche Auftraggeber glauben, dass sie selbst Designer wären. Vor allem in kreativen Dingen gibt es immer wieder Leute, die denken, sie könnten das selber und wissen, was „hübsch“ aussieht. Das ist ein äußerst seltsames Phänomen. Grafikdesign hat nämlich nicht wirklich etwas mit dem ästhetischen Empfinden oder den Lieblingsfarben eines Auftraggebers zu tun.
Lösung: Hier sollten Designer ihre Position gegenüber den Auftraggebern klarmachen und ihre Expertise entsprechend kommunizieren. Oft hilft es hier auch, wenn man den Auftraggebern genau erklärt, warum man was wie in der Vergangenheit gestaltet hat. Dann wird meistens sehr schnell verstanden, dass man die professionellen Designer ihren Job machen lassen soll.
# 6 „Das muss ich extra verrechnen“ Designer X
Es kann vorkommen, dass Designer auf einmal mehr Geld verlangen. Dies kann der Fall sein, wenn der tatsächliche Arbeitsaufwand höher ist als der kalkulierte Arbeitsaufwand.
Lösung: Je genauer das Projekt bzw. das Leistungsspektrum in einer schriftlichen Vereinbarung beschrieben ist, desto besser. Je genauer festgehalten ist, was die Kunden eigentlich bekommen für ihr Geld, desto weniger kommt es im Nachhinein zu Streitigkeiten. Außerdem sollte immer die Anzahl der Korrektur-/Feedbackrunden, die im Preis inkludiert sind, im Vorhinein schriftlich vereinbart werden - und was passiert, wenn diese Feedbackrunden nicht ausreichen.
# 7 „Sie malen doch nur.“ Firma Y
Es gibt Kunden, die denken, Grafikdesigner kritzeln und malen doch nur und sind ein „bisschen kreativ“. Dies mag vielleicht für „Low-Cost-Designer“ zutreffen, entspricht jedoch bei Profis weder der Wahrheit, noch zeugt es von professionellem, respektvollem Umgangston gegenüber guten Designern.
½ Lösung: Hier hilft es eigentlich nur seine Position als Designer klar abzustecken und im Ernstfall erst gar nicht für solche Kunden zu arbeiten. Respektlose Kunden sind oft auch säumige Zahler.
# 8 „Ein Burger-Flyer? Wir wollten doch ein Kinoplakat!“ Firma Y
Es kann passieren, dass Designer am eigentlichen Ziel vorbei gestalten.
Lösung: Dieses Problem kann eigentlich nicht im Nachhinein gelöst, sondern nur im Vorhinein verhindert werden. Und zwar mit einem ausführlichen Briefing.
# 9 „Wir verwenden das nicht für eine Infografik, sondern machen jetzt eine Broschüre.“ Firma Y
Manchmal halten sich Auftraggeber nicht an das Briefing, schmeißen das Konzept über den Haufen und sagen nach getaner Designarbeit erst, was sie wirklich wollen.
Lösung: Hier hilft nur: Pause einlegen, ein ausführliches Gespräch mit dem Auftraggeber und eine entsprechende Nachkalkulation. Evtl. können bereits erstellte Designelemente für neue Vorhaben der Kunden verwendet oder adaptiert werden, das muss im Einzelfall abgeklärt werden. Jedenfalls muss die bestellte und bereits geleistete Designarbeit vergütet werden – auch wenn Kunden sie am Ende dann doch nicht in Anspruch nehmen möchten. Das gilt natürlich auch für Arbeitsressourcen, die seitens der Kunden gebucht wurden. Es lohnt sich auf solche Situationen in der Auftragsbestätigung hinzuweisen und dies entsprechend schriftlich zu regeln.
# 10 „Ja, ja, ich bezahle schon.“ Firma Y
Der Auftraggeber zahlt nicht.
Lösung: Mahnwesen und ggfls. Inkassobüro bzw. Anwalt.
# 11 „Ich brauche übrigens alle Rohdaten.“ Firma Y
Es kann vorkommen, dass Auftraggeber am Ende alle Rohdaten möchten, ohne, dass dies im Vorhinein vereinbart war. (Ich meine hier nicht Vorlagen für zB Briefpapier oder Firmen, die ihre In-House-Grafiker mit der weiteren Verwendung des erstellten Designs beauftragen.)
Lösung: Grundsätzlich sollten Designer höchste Vorsicht walten lassen, wenn Kunden ganz plötzlich, aus heiterem Himmel die Rohdaten möchten, denn: zu 99 % ist hier etwas faul. Schließlich könnten Kunden damit alle Elemente im Design verändern und so das komplette Konzept, wofür sie bezahlt haben, zunichte machen. Ein anderes Problem, was sich daraus ergeben könnte: Diese Auftraggeber könnten die Produkte der Designer als ihre eigenen weiterverkaufen und sich selbst als „Designer“ betiteln. (Es klingt unglaublich, passiert aber tatsächlich.) Hier geht es dann um bewusste Kundentäuschung und Betrug am Kunden. Außerdem würde das Urheberrecht der Designer verletzt.
Rohdaten an Kunden zu übergeben ist also äußerst heikel und erfordert ein ausführliches Gespräch mit den Kunden. Natürlich muss die Übergabe der Rohdaten auch extra verrechnet werden.
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